Nachdem ich einige Studios ausprobiert hatte (Kieser Training, Venice Beach, etc.), bin ich über den Trend des „Bodyweight Training“ gestolpert. Ich bin dann jemand, der sich zu neuen Themen gerne schlau macht und habe mir von Mark Lauren das Buch Fit ohne Geräte besorgt. Der größte Vorteil, den ich bei dieser Trainingsform sehe, ist dass man a) keine Anreisezeit hat (es geht überall – zuhause, im Hotel, draußen, usw.) und man braucht b) kein Equipment außer vielleicht einer Trainingsmatte. Das Werk selbst scheint mir ein Meilenstein der Bodyweight Bewegung zu sein. Der Autor war ehemaliger Soldat und Ausbilder, aber das sollte einen nicht abschrecken. Die Übungen sind für jeden möglich – schließlich trainiert man ja mit dem eigenen Körper.
Und das ist eben der große Unterschied zum Trainieren im Studio. Klassisches Beispiel ist ein Liegestütz, bei dem Brustmuskeln, Trizeps, Schultern und Rumpf trainiert werden. Im Studio würde ich das mit bestimmten Maschinen oder Hanteln machen, um die Muskelgruppe Brust oder Trizeps gezielt und meist isoliert zu trainieren. Mit der Gefahr, dass man sich aufgrund zu hoher Gewichte verletzt – muskulär oder noch schlimmer an den Gelenken, Sehnen, etc. Beim Training mit dem eigenen Körper wird das vermieden, wenn man Schritt für Schritt vorgeht und die Belastung langsam steigert. Denn das geht auch mit dem eigenen Körper. So fangen Einsteiger beispielsweise aufrecht stehende mit Liegestützen „an die Wand“ an, gehen zu Liegestützen auf den Knien und dann zu den „normalen“ Liegestütz über. Diese kann man dann steigern, indem man die Hände enger zusammen lässt, die Beine auf eine Bank legt, usw. Ich gestehe, dass ich noch nie zuvor so viele Varianten der guten, alten Liegestütz (die wir als Kinder und Jugendliche immer im Schwimmtraining zwischendurch als Disziplinarmaßnahme machen mussten) gesehen habe. Und so geht das in dem Buch weiter für alle möglichen Muskelgruppen. Durch den funktionalen Ansatz wird einseitiges Training vermieden, da immer mehrere Muskelgruppen gestärkt werden.
Die einzelnen Übungen werden immer mit Bildern und einem begleitenden Text auf über 100 Seiten beschrieben – das macht etwas mehr als die Hälfte des Buchs aus. In der neuen Ausgabe sind die laut Rezensionen auch viel zeitgemäßer dargestellt und noch besser beschrieben als zuvor. Die Übungen allein sind aber nur dann etwas wert, wenn sie sinnvoll kombiniert werden. Daher folgen auf die Übungen verschiedene, mehrwöchige Programme, die einen progressiven Muskelaufbau gewährleisten – wenn man sich durchbeißt. Unterteilt sind sie in First Class (Anfänger), Master Class (Fortgeschrittene) und Chief Class (extrem Fortgeschrittene). Zur richtigen Einordnung ist ein Selbsttest dabei. So sollte man als Anfänger z.B. 10 Liegestütze schaffen, als Fortgeschrittener 8 einarmige Liegestütz pro Seite (Hand auf mittelhoher Fläche abgesetzt) und als extrem Fortgeschrittener 8 „normale“ einarmige Liegestütz. Dabei wird schnell klar, dass die meisten als Anfänger in so ein Programm gehen – und das macht durchaus auch Sinn. Wenn man dabei bleibt, merkt man schnell, wie die Kraft zunimmt und wie man sich den anspruchsvolleren Übungen zuwenden kann.
Am Schluss etwas zum Anfang des Buchs. Auf den ersten 50 Seiten stellt sich Mark Lauren vor, führt das Thema Bodyweight Training ein, spricht über Fitness, Ernährung, Motivation, usw. Es lohnt sich meines Erachtens schon, das wenigstens zu überfliegen. Es sind aber auch Abschnitte dabei, die ich nach dem Anlesen direkt ignoriert habe – insbesondere zum Thema Ernährung rate ich eher, Werke eines Ernährungsprofis zu Rate zu ziehen.
Den Abschnitt zur Motivation finde ich am wichtigsten, auch, da dort über die Ausreden gesprochen wird, die einem so einfallen, um ein Training sausen zu lassen. Disziplin auf lange Zeit ist und bleibt bei diesem und jedem anderen Training der Schlüssel zum Erfolg. Wem das allein zu schwer fällt, sollte sich einen Trainingspartner suchen, diese Art des Trainings eignet sich Lockdown-konform auch prima für eine Video-Call Session.
Ich würde das Buch wieder kaufen und es hat mir wertvolle Impulse für die Art des Trainierens und der dauerhaften Motivation gegeben. Es war für mich ein Wendepunkt hin zum funktionalen Training, das ich bis zum heutigen Tag in der ein oder anderen Form ausübe. Man muss hier wie immer Leben mit Verstand an die Sache rangehen. Welche Übungen passen für mich? Welche nicht? Es gibt durchaus einige, die ich schlicht so nicht durchführen konnte und durch Alternativen ersetzen musste.
Und hier meine Anregung als Test, um hier und jetzt anzufangen: wie viele Liegestütz schaffen Sie auf Anhieb? 1? 5? 10? Ich freue mich auf ein Feedback. Es gibt begleitend zum Buch auch eine App, über die werde ich noch gesondert berichten.
Ein Gedanke zu „Trainieren mit dem eigenen Körpergewicht“